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Available to Promise (ATP): So kalkulierst du Lieferzusagen präzise, reduzierst Engpässe und steuerst deine Supply Chain smarter

Stell dir vor, dein Vertrieb gibt einem Kunden eine feste Lieferzusage. Alles wirkt sicher – bis im Lager auffällt: Die Ware ist gar nicht verfügbar. Jetzt beginnen hektische Telefonate, Umplanungen und vielleicht sogar teure Sondertransporte. Genau diese Situation soll Available to Promise (ATP) verhindern.
ATP ist der unsichtbare Dirigent deiner Lieferkette. Es sorgt dafür, dass du jederzeit weißt: Welche Menge ist tatsächlich verfügbar? Ab wann? Und wie verlässlich ist die Zusage? Anstatt Versprechen ins Blaue hineinzugeben, kalkulierst du mit belastbaren Zahlen – und stärkst gleichzeitig deine Lieferkette, deine Kundenzufriedenheit und deine Planungssicherheit.

Die zentrale Frage: Wie lassen sich verbindliche Lieferzusagen in komplexen Lieferketten absichern?

Lieferketten sind heute alles andere als linear. Zwischenlager, Zulieferer, Produktion, Rückstände und offene Bestellungen greifen ineinander wie ein Uhrwerk. Schon ein kleiner Fehler im Datenfluss kann große Konsequenzen haben.
Vertrieb verspricht Lieferungen, ohne Lagerstände in Echtzeit zu prüfen.
Produktion plant mit falschen Annahmen über Materialverfügbarkeit.
Kunden erhalten widersprüchliche Informationen – ein Standort sagt „lagernd“, ein anderer „in zwei Wochen“.

Das Risiko: Unzufriedene Kunden, hohe Kosten durch Expresslieferungen und überfüllte Lager.
→ ATP ist das Werkzeug, das Transparenz schafft und die Brücke zwischen Bedarf, Bestand und Kapazität schlägt.

1. Definition und Funktionsweise des Available to Promise

Available to Promise (ATP) ist ein Konzept der Produktionsplanung und Logistik, das angibt, welche Produktmenge einem Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt garantiert zur Verfügung steht.
Dazu werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:
Aktuelle Lagerbestände
Bereits reservierte Bestände
Offene Aufträge und Rückstände
Erwartete Wareneingänge (Lieferungen, Fertigungsaufträge)
Produktionskapazitäten

Die Grundformel lautet:
ATP = Lagerbestand + Erwarteter Eingang – Reservierte Bestände – Rückstände
Beispiel:
100 Stück Lagerbestand + 20 Stück erwarteter Eingang – 30 Stück reserviert = 90 Stück verfügbar (ATP).
Damit ist sofort klar: Für einen Kundenauftrag können maximal 90 Stück verbindlich zugesagt werden.

2. Vorteile des ATP-Konzepts für Logistik und Produktion

Das ATP-Konzept ist weit mehr als ein Rechenmodell – es verändert die Art, wie Lieferketten gesteuert werden.

✓ Höhere Kundenzufriedenheit
Wenn Liefertermine präzise berechnet werden, verschwinden Unzuverlässigkeiten. Kunden erhalten klare Aussagen – und diese werden eingehalten.

✓ Bestände im Griff
ATP reduziert die Notwendigkeit überhöhter Sicherheitsbestände. Das spart Lagerfläche, Kapitalbindung und Instandhaltungskosten.

✓ Effiziente Produktionsplanung
Produktionskapazitäten lassen sich realistisch planen, weil klar ist, welche Materialien wann verfügbar sind.

✓ Prozesskosten sinken
Weniger Ad-hoc-Beschaffungen, weniger Eiltransporte, weniger Chaos in der Disposition.

✓ Nachhaltigkeit steigt
Weniger Sonderfahrten und optimierte Bestände bedeuten auch weniger Emissionen.
Semantische Keywords: [Lieferkettenmanagement], [Produktionsplanung], [Bestandsoptimierung]

3. Basis-ATP vs. Multilevel-ATP: Wann welches Modell Sinn macht

Basis-ATP (einfaches ATP)
Berücksichtigt nur Bestände eines Standorts.
Geeignet für Unternehmen mit überschaubarer Struktur.
Vorteil: Schnell implementiert, geringe IT-Komplexität.

Multilevel-ATP (ML-ATP)
Bezieht mehrere Ebenen ein: mehrere Standorte, Zulieferstufen, Produktionsschritte.
Ideal für internationale Supply Chains oder komplexe Fertigungsnetzwerke.
Vorteil: Hohe Genauigkeit und Transparenz – auch über Standorte hinweg.
Beispiel:
Ein Unternehmen hat drei Lager in Deutschland, Polen und Frankreich. Mit Basis-ATP prüft jeder Standort isoliert. Mit Multilevel-ATP können freie Bestände in Polen genutzt werden, um Engpässe in Deutschland abzufedern – bevor der Kunde betroffen ist.

4. Advanced ATP (AATP) – Echtzeitplanung auf neuem Niveau

ATP war lange Zeit eine Momentaufnahme. Mit Advanced ATP (AATP) geht es um proaktive Planung.

Features von AATP:
Echtzeitprüfung von Produktionskapazitäten
Priorisierung bestimmter Kunden oder Aufträge
Rückstandsmanagement (Backorder Processing)
Simulation zukünftiger Szenarien („What if…?“)
Standortübergreifende Bestandsoptimierung

Systeme wie SAP S/4HANA oder Microsoft Dynamics 365 haben AATP integriert und ermöglichen eine ganz neue Flexibilität. So wird nicht nur der Lagerbestand geprüft, sondern auch, ob eine Produktionslinie kurzfristig zusätzliche Mengen herstellen kann.

Available to Promise (ATP) – digitale Datenintegration und Echtzeit-Bestandsplanung in der Logistik

5. 7 konkrete Tipps für die erfolgreiche Einführung von ATP

Saubere Stammdaten sicherstellen
Falsche Artikel- oder Lieferzeiten → falsche ATP-Werte. Datenqualität ist der Schlüssel.

Pilotprojekte starten
Beginne mit einer überschaubaren Produktgruppe oder einem Standort, um Erfahrungen zu sammeln.
Systemintegration prüfen
ATP muss Einkauf, Produktion, Lager und Vertrieb gleichzeitig abbilden. Bruchstellen machen das System unbrauchbar.

Lieferanten einbinden
ATP ist stärker, wenn auch Lieferantenbestände und Vorlaufzeiten integriert werden.

Mitarbeiterschulung nicht vergessen
Vertrieb und Kundenservice müssen verstehen, was ATP aussagt – und wie sie diese Daten nutzen.

KPIs definieren und messen
Liefertreue, Bestandsreichweite und Kosten sollten regelmäßig kontrolliert werden.

Flexibilität einplanen
ATP muss kontinuierlich angepasst werden, wenn Märkte, Produkte oder Prozesse sich verändern.

6. Praxisbeispiel: Wie ATP Liefertermine stabilisiert

Ein Hersteller von Elektroteilen hatte das Problem, dass Kunden in verschiedenen Regionen unterschiedliche Aussagen zur Verfügbarkeit bekamen. Der Vertrieb versprach Lieferungen, die Produktion konnte sie nicht einhalten.
Nach der Einführung von Multilevel-ATP:
Einheitliche Datenbasis über alle Werke hinweg
Sicherheitsbestände um 22 % gesenkt
Lieferpünktlichkeit um 18 % gesteigert
Vertrieb konnte Kunden sofort präzise Liefertermine nennen
Das Ergebnis: höhere Transparenz, zufriedene Kunden und weniger Stress in der Disposition.

7. Typische Herausforderungen und wie man sie überwindet

Datenqualität: Wenn Stammdaten ungenau sind, wird ATP wertlos. Lösung: regelmäßige Datenpflege und klare Verantwortlichkeiten.
IT-Komplexität: Multilevel-ATP benötigt leistungsstarke Systeme. Lösung: Schrittweise Einführung, Pilotierungen, Integrationstests.
Akzeptanz im Unternehmen: Mitarbeitende müssen ATP verstehen und anwenden. Lösung: Schulungen und Change-Management.
Investitionskosten: AATP-Systeme erfordern Ressourcen. Lösung: ROI-Analysen zeigen, dass sich Investitionen durch geringere Bestände und höhere Liefertreue schnell amortisieren.

8. Fazit: Warum ATP unverzichtbar für moderne Lieferketten ist

Available to Promise (ATP) ist kein optionales Add-on, sondern ein zentrales Werkzeug, um Lieferketten stabil und effizient zu steuern. Es sorgt dafür, dass Lieferzusagen verbindlich, Bestände optimiert und Produktionskapazitäten voll ausgeschöpft werden.
Gerade in komplexen, internationalen Netzwerken ist ATP der Schlüssel, um Transparenz zu schaffen und Risiken frühzeitig zu managen.

👉 Wer Prozesse, Menschen und Systeme klug kombiniert, macht aus ATP nicht nur eine Berechnungslogik, sondern ein echtes Steuerungsinstrument für die gesamte Supply Chain.

Weitere Informationen findest Du hier :

help.sap.com

wikipedia

FAQ zu Available to Promise (ATP)

Was bedeutet Available to Promise (ATP) in der Logistik?

Available to Promise (ATP) bezeichnet die Menge eines Produkts, die einem Kunden verbindlich innerhalb eines festgelegten Zeitraums zugesagt werden kann. Dabei berücksichtigt das ATP-Konzept aktuelle Lagerbestände, reservierte Mengen, offene Aufträge sowie geplante Wareneingänge aus Beschaffung oder Produktion. Durch diese Berechnung wird ermittelt, wie viele Einheiten tatsächlich verfügbar sind und wann sie geliefert werden können. ATP dient somit als Instrument zur Absicherung von Lieferterminen und zur Steuerung der gesamten Supply Chain.

Wie wird Available to Promise (ATP) berechnet?

Die Berechnung von Available to Promise (ATP) basiert auf einer standardisierten Formel. Sie lautet: ATP = Lagerbestand + Erwarteter Eingang – Reservierte Bestände – Rückstände. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht dies: Befinden sich 100 Einheiten auf Lager, 20 weitere werden erwartet und 30 sind bereits für bestehende Aufträge reserviert, ergibt sich ein ATP-Wert von 90. Diese Kennzahl zeigt an, welche Menge einem neuen Kundenauftrag verbindlich zugesagt werden kann.

Welche Vorteile hat Available to Promise (ATP) für Unternehmen?

Available to Promise (ATP) bietet mehrere Vorteile. Unternehmen können durch ATP verlässliche Liefertermine zusagen, was die Kundenzufriedenheit erhöht. Gleichzeitig sinkt die Notwendigkeit hoher Sicherheitsbestände, was Kapitalbindung und Lagerkosten reduziert. Zudem unterstützt ATP die Produktionsplanung, da Kapazitäten auf Basis realistischer Verfügbarkeiten gesteuert werden können. Auch die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb, Einkauf und Logistik verbessert sich, da alle Beteiligten mit denselben transparenten Daten arbeiten.

Was ist der Unterschied zwischen Basis-ATP und Multilevel-ATP?

Basis-ATP bezieht sich auf die einfache Berechnung, bei der nur Lagerbestände und reservierte Aufträge eines Standorts berücksichtigt werden. Multilevel-ATP (ML-ATP) geht darüber hinaus und integriert mehrere Ebenen der Lieferkette, zum Beispiel verschiedene Produktionsstufen oder internationale Lagerstandorte. Dadurch können Bestände übergreifend abgeglichen werden. Multilevel-ATP eignet sich besonders für Unternehmen mit komplexen Liefernetzwerken, da es Engpässe frühzeitig sichtbar macht und Bestände standortübergreifend optimiert.

Wie unterscheidet sich Advanced ATP (AATP) vom klassischen ATP?

Advanced ATP (AATP) ist eine erweiterte Form des klassischen ATP und geht über die reine Bestandsprüfung hinaus. Neben Lagerbeständen und offenen Aufträgen werden auch Produktionskapazitäten, geplante Fertigungsläufe und Priorisierungen berücksichtigt. Systeme mit AATP können außerdem Rückstände verwalten und Szenarien simulieren, etwa die Umplanung von Lieferungen bei Engpässen. Dadurch wird eine dynamische und realitätsnahe Steuerung möglich, die klassische ATP-Modelle nicht leisten können.

In welchen Bereichen wird Available to Promise (ATP) eingesetzt?

Available to Promise (ATP) wird in zahlreichen Bereichen angewendet. Im E-Commerce und Einzelhandel sorgt ATP dafür, dass Kunden in Echtzeit sehen, ob Produkte verfügbar sind. In der Produktion unterstützt ATP die Steuerung von Fertigungsläufen und die Vermeidung von Materialengpässen. Im Lieferkettenmanagement verbessert ATP die Bestandsoptimierung und senkt Prozesskosten durch präzisere Disposition. Auch in globalen Supply Chains wird ATP genutzt, um internationale Bestände zu koordinieren und Lieferzusagen abzusichern.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Einführung von Available to Promise (ATP)?

Die Einführung von Available to Promise (ATP) ist mit mehreren Herausforderungen verbunden. Ein zentrales Problem ist die Datenqualität: Unvollständige oder fehlerhafte Stammdaten führen zu falschen ATP-Berechnungen. Zudem erfordert Multilevel-ATP leistungsfähige IT-Systeme, da große Datenmengen verarbeitet und synchronisiert werden müssen. Auch die Akzeptanz im Unternehmen ist entscheidend, da Vertrieb, Einkauf und Produktion mit dem System arbeiten müssen. Schließlich können Investitions- und Implementierungskosten eine Hürde darstellen, die durch langfristige Effizienzgewinne ausgeglichen werden sollten.

Wie unterstützt Available to Promise (ATP) die Produktionsplanung?

Available to Promise (ATP) unterstützt die Produktionsplanung, indem es eine realistische Grundlage für Fertigungsentscheidungen schafft. Durch die Berücksichtigung von Beständen, offenen Aufträgen und Kapazitäten wird klar, welche Materialien in welchem Zeitraum verfügbar sind. Dadurch lassen sich Produktionspläne präzise anpassen und Engpässe vermeiden. Unternehmen profitieren von einer besseren Auslastung ihrer Anlagen und einer höheren Termintreue, was die gesamte Lieferkette stabilisiert.

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